Zillertal, Juni - Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 19

Zillertal, Juni – Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 19

Am nördlichen Ausläufer des Hügels wurden bereits mit der Entfernung der Humusschichten Mauerreste freigelegt, die auf Grund ihrer Legetechnik als Trockenfundament verifiziert werden konnten. Dies entspricht auch den potamologischen Ansätzen zur ursprünglichen Mäanderung des Zillers die an dieser Geländestelle einen Rückstaubereich ausweisen, der sich südöstlich des Hügels taleinwärts ausdehnt und wohl zeitweise auch die Verkehrsituation vom Tuxerjoch, als auch vom Kerschbaumer Sattel her besonders in den Zeiten der Schneeschmelze wesentlich beeinträchtigte. Darauf deutet auch eindeutig die Trassenführung des historischen Handelspfades hin, der sich – zumindest am westseitigen Zillerufer – genau an die natürliche Felsenzunge hält, die vom Reither Kogel her über Imming ins Tal quert. Die Erstellung eines Trockenfundaments aus Natursteinen stellt dabei eine seit der Prae-Arteologischen-Zeit angewandte Mauerungstechnik dar, die es ermöglicht lokale Hochwässer ohne überstrake Strömungskräfte weitestgehend schadlos für die Grundstruktur der darauf errichteten Gebäude zu überstehen, da zum Einen durch die mörtellose Verlegung der insgesamte Widerstand gegen die Strömungsverhältnisse so minimal wie möglich gehalten wurde und zum Zweiten die nachfolgende Trocknung durch Versickerung und Belüftung relativ rasch erfolgen konnte.

Bis zum Abschluss der Expedition wurden am rechten Zillerufer im Grabungsgebiet drei Gebäudefundamente freigelegt, die auf Grund ihrer Ausrichtung zum Furtverlauf als administrative und auch der Übergangsüberwachung dienende Gebäude identifiziert wurden. Am linken Zillerufer konnten lediglich vereinzelte Fundamentreste freigelegt werden, wobei hier noch nicht abschliessend geklärt ist, ob hier sämtliche Teile einer gemeinsamen Epoche zuschreibbar sind, oder aber den wirtschaftlichen Bedürfnissen unterschiedlicher Zeitspannen dienten.

zillertal, gebäudefundamente, 2012, arteologie, dr. arkadaschSämtliche Gebäude wurden aus Holz errichtet, wie aus den vorgefundenen Balkenaufnahmestellen, insbesondere an den basalen Grundlinien der Fundamente ableitbar ist. Holz, als generell lokal reichlich verfügbares Baumaterial stellt auch heute wieder, bzw. noch, einen wesentlichen Grundbestandteil der architektonischen Grundcharakteristik im Nordtiroler Raum dar. Bauelemente die auf den Einsatz von betonartigen Gemengen verweisen, sind lediglich im Zeitraum der römischen Okkupation nachweisbar und wurden erst wieder ab dem 19. Jahrhundert bautechnisch eingesetzt.

zillertal, fundamente, drei gebäude, 2012, arteologie, dr. arkadaschIm gesamten Grabungsbereich konnten allerdings keinerlei hölzerne Überreste gefunden werden, so dass jede Form einer rekonstruktiven Analyse auf den Vergleich mit bisherigen Funden im Raum Nordtirol angewiesen bleibt. Die Stärke der vorgefundenen Fundamente im Nordbereich des Hügels legt jedoch die Schlussfolgerung nahe, dass dieser Gebäudekomplex für den Schutz und die entsprechende Administrierung der Furtpassage errichtet wurde, da mit dieser Furt der direkte Zugang zum Inntal gewährleistet war. Das grösste der drei Gebäude weist eine Seitenlänge von 11,45 m auf und eine Breite von 7,95 m. Zur Furtstelle hin liegt ein behauener Schwellenstein aus Granitgneis mit einer Länge von 4,05 m, der an seiner Aussenkante starke Nutzungsspuren im Sinne einer eingeschliffenen Abrundung entlang der Kante aufweist. Der davorliegende Bereich wurde teils aus dem blockartigen Felsgestein herausgearbeitet bzw. mittels Ausschüttungen und Pflasterungen mit Natursteinen eingeebnet und erstreckt sich bis zum angehenden Böschungsbereich der rechtsuferigen Furtpassage. Die beiden anderen Gebäude, liegen südöstlich zum Hauptgebäude versetzt, und verfügen über keinen eigenständigen Zugang zum Furtbereich.

Entsprechend den Grabungsergebnissen, wie sie etwa im Lechtal vorgefunden wurden, kann somit von einer zeittypischen Kontrollstation ausgegangen werden, die einerseits der Sicherheit der Reisenden diente, andererseits aber auch den Hoheitsanspruch der lokalen Eliten vor Ort, verbunden mit den entsprechenden kultischen Einrichtungen in sich vereinte. Eingedenk der traditionellen Verhaftetheit und den gemeinschaftlichen Interessen von Kultus und Herrschaft ist davon auszugehen, dass sich diese soziokulturelle Symbiose im architektonischen Gesamtgefüge niedergeschlagen hat.