Zillertal, Juni - Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 22/2

Zillertal, Juni – Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 22/2

Die Entdeckung dieses humanoiden Fundes erfolgte am frühen Vormittag des 11. September 2012 durch das Leitungsteam um Dr. Arkadasch Dag. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich sämtliche eingeborenen Hilfsgrabungskräfte beim sogenannten „Neunern“, wie die ortsübliche Jause am Vormittag in landesüblicher Manier genannt wird, und hielten sich somit im Innenbereich des Imminger Lagers für den Zeitraum von 09:00 bis 09:30 auf. Am Grabungsgelände befanden sich ausschliesslich Expeditionsmitglieder; entweder mit Grabungsarbeiten, Dokumen­tationen, Vermessungen oder organisatorischen Aufgaben beschäftigt. An der eigentlichen Fundstelle werkten der Fotograf und Aquarellieur der Expedition, Herr Herwig Angerer, der Polyglaciologe Mag. Peter Stolz, der Expeditionsarzt Dr. Armin Lengauer und Dr. Arkadasch Dag. Es ging dabei um eine systemische Verbesserung der Schichtentnahme von Bodenproben und organischem Material vor Ort, mit der Zielsetzung anhand von normativ beschriebenen Abläufen ein möglichst fundschonendes und jederzeit nachvollziehbares Entnahmeprozedere zu entwickeln, welches einerseits in kurzer Zeit selbst von den eingeborenen Hilfskräften erlernbar ist und andererseits ein Höchstmass an Präzession und Materialreinheit garantiert. Dafür sollten am – späteren – Fundort unterschiedliche Ablaufmuster praktisch erprobt werden, ohne dabei die eigentlichen Grabungsarbeiten der Hilfskräfte einzuschränken.

mumifiziertes kleinkind, zillertal 2012, dr. arkadasch, arteologieBereits nach wenigen freigelegten Schichten wurde rasch klar, dass es sich bei dieser Stelle um eine neue Fundung handelte, wobei die zuerst freigelegte Rückwand der Nische die Vermutung nahelegte, dass es sich entweder um einen wirtschaftlich bedingten Zubau des nach Süden nachgelagerten Gebäudes handeln musste, oder aber, entsprechend ihrer architektonischen Gestaltung um eine weitere kultische Baulichkeit. Sofort wurden die entsprechenden Massnahmen zur Verhinderung von zusätzlichen, grabungsbedingten Kontaminationen umgesetzt: alle vier beteiligten Fachkräfte rüsteten sich umgehend mit der obligatorischen sterilen Schutzkleidung (Mundschutz, Handschuhe, Fussschutz, Einwegoverall) aus, ehe sie die weiteren Schichten aus Basaltsand sorgsam entfernten. Mit der Freilegung der ersten Extremitätenteile des humanoiden Fundes gebot Dr. Arkadasch Dag umgehend Einhalt um sich mit dem Expertenteam gemeinsam über die weitere Vorgangsweise zu beraten.

Dabei wurde beschlossen, den Fund vorerst wieder mit Basaltsand einzudecken und das unmittelbare Gelände mit dem Hinweis auf labortechnische Analysen abzusperren. Zur Sicherung sollten Dr. Armin Lengauer und Herr Herwig Angerer vor Ort bleiben und gleichzeitig die Fundstelle bereits fotografisch dokumentieren.

Mag. Peter Stolz und Dr. Arkadasch Dag informierten daraufhin die restlichen Expeditionsteilnehmerinnen und –teilnehmer über die Fundung, mit der Anweisung vorerst weder den eingeborenen Hilfskräften oder gar den Medien Hinweise über diesen humanoiden Fund zu geben. Zusätzlich sollten die eingeborenen Hilfskräfte für diesen Arbeitstag, mit der Begründung einer notwendigen wissenschaftlichen Inventur, ab 15:00 freigestellt werden. Bis dahin konnten so ohne besondere Aufmerksamkeit zu erregen der Bergungscontainer aktiviert und alle erforderlichen Arbeitsabläufe entsprechend dem arteologischen Grabungsprozedere vorbereitet werden.

All diese Massnahmen dienten dazu den zu erwartenden Ansturm von Schaulustigen und Medien auf jenen Zeitpunkt zu verschieben, an dem bereits die notwendigen Sicherungs- und Bergungsarbeiten abgeschlossen waren und somit das durchaus verständliche Interesse der Öffentlichkeit zu keinen Behinderungen oder gar nachhaltigen Schädigungen der Fundstelle und der darin enthaltenen Fundstücke führen konnte, denn aufgrund der bisherigen Erfahrungen, sowohl mit den politischen als auch wirtschaftlich-touristischen Vertretern der umliegenden Gemeinden, war von Haus aus damit zu rechnen, dass die Fundung eines mumifizierten Kleinkindes zu einem populistisch ausgeschlachtetem Medienereignis ersten Ranges hochstilisiert werden, und dass das daraus resultierende Medieninteresse in weiterer Folge zu erheblichen Beeinträchtigungen der täglichen arteologischen Arbeit führen würde.

Das Erfordernis einer zeitlich begrenzten Informationsreduktion war somit zwingend notwendig geworden.