Zillertal, Juni - Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 21/3

Zillertal, Juni – Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 21/3

Im gesamten Bereich der Sedimentzunge wurden keinerlei Hinweise auf eine vorhandene hölzerne Abdeckung gefunden, bzw. anhand von lignologischen Analysen in den entsprechenden Bodenproben nachweisbar. Die bei diesen Untersuchungen vorgefundenen organischen Reste von organischem Pflanzenmaterial beinhalten zwar eindeutig Hinweise auf baumartige Pflanzenstrukturen, jedoch sind alle diese Proben von nicht artifiziell geschlägerten Bäumen, bzw. von natürlich in ihrem Wachstum unterbrochenen bzw. abgestorbenen Hölzern. Die Dendrologische Gesellschaft Augsburg unter der Leitung von Dr. Detlef Vilsinger, hat in einem mehrstufigen Ausschlussverfahren eindeutig belegt, dass vor Ort keinerlei verwertbare Spuren von behauenem und/oder bearbeitetem Deckholz für die Kultnische vorhanden sind. Gleichzeitig zeigt das Fehlen entsprechender Träger(reste) aus behauenem Stein – denn nur so wäre eine passgenaue Einfügung in die Kerbungen an der Mauerkrone der Nischenrückwand möglich – dass gemäss den bisherigen Fundungen im Raum Nordtirol auch diesmal mit hoher Wahrscheinlichkeit die Annahme getroffen werden kann, dass auch in diesem Fall der Rückgriff auf stets und leicht verfügbare Rohstoffe aus dem näheren Umland zur Abdeckung der Nische erfolgte.

triptychon-zeichnung, cult-objecte, zillertal 2012, dr. arkadasch, arteologieDie Kultnische hat ein Aussemass von ca. 47 cm in ihrer längsseitigen Nord-Süd-Ausrichtung und eine (angenommene) Tiefe von ca. 30 cm, wobei hier mangels klarer Fundamentüberreste auf die Erfahrungswerte ähnlicher Kultnischenbauten im Raum Nordtirol zurückgegriffen wird. Insbesondere die Lage der Kultnische am nördlichen Rand des Hügels lässt auch keinerlei zusätzlich verbaubaren Raum zu, da zur gegebenen Zeit der Flusslauf des Zillers hier eine starke, beinahe rechtwinkelige Windung nach Osten vollzog und somit eine natürliche Geländebegrenzung darstellte. Der Boden der Kultnische bestand aus gefügten und behauenen Granitgneisen, die weitestgehend fugenlos in einem sandigen Bett aus gesiebtem Sediment verlegt wurden. Die Höhe der Nische beträgt 27,40 cm, bis hin zur Unterkante der Einkerbungen an der Nischenrückwand gemessen.

Die drei Cult-objecte die sich in dieser Nische befanden wurden in Form eines Dreiecks aufgestellt, wobei das mittlere Cult-object eine um 7 cm nach rückwärts und um 5 cm erhöhte Position einnimmt. Die gesamte Darstellung dieses Triptychons stellt somit eine gedachte pyramidenartige Vorderansicht dar, deren Spitze vom senkrecht stehenden Mittelteil des erhöhten Cult-objects gebildet wird. Von dieser Spitze aus kann eine Linie beidseitig gelegt werden, die eine vollkommene Gerade bildet, die sich von der Spitze des mittleren, erhöhten Cult-objects beginnend, über die Aussenpunkte der Querstrebe des mittleren Cult-objects fortsetzt und in ihrer Verlängerung die Aussenpunkte der Querstreben der beiden vorgelagerten Cultobjecte berührt. Bei der Fundung wurde festgestellt, dass das vordere, nördlich gelegene Cult-object eine leichte Schräglage nach Norden aufweist, die einem späteren äusseren mechanischen Einfluss zuzuschreiben ist und nicht den originären Aufstellungsparametern entspricht. Dies belegt auch die Untersuchung der entsprechenden Fixierungsstelle, da hier das Mörtelbett (bestehend aus Pottasche, Kalk und Sand) eine deutliche Bruchstelle aufweist, die einzig bei diesem Cult-object feststellbar ist.

Im Vergleich mit entsprechenden Kultnischen, wie etwa der Kultnische an der Furt bei der Grabung im Lechtal, fällt besonders die exlozierte Positionierung dieser Kultnische auf: während an der Furt im Lechtal diese Nische durchaus einen demonstrativen kultischen Charakter aufweist, der in sich eine Schutzbefohlenheit im Hinblick auf transzendente Mächte betont, fehlt diese Möglichkeit einer öffentlichkeitswirksamen Zur-schau-Stellung im Bereich der Imminger Furt vollkommen, sodass hier erstmals von einer weitestgehend merkantilen infrastrukturellen Wegebewirtschaftung auszugehen ist und somit zwar eine tradierte Form einer kultisch dominierten Verwaltungshoheit immanent bleibt, diese sich jedoch im alltäglichen Geschäftsgebaren auf eine eher symbolische Bedeutung beschränkt,steinbruecke-schwaz, zillertal 2012, dr. arkadasch, arteologie vergleichbar etwa mit den noch heute in Nordtirol an Brücken gerne installierten Nischen für entsprechende christliche Heilige und Schutzpatrone, wie sie etwa bei den Brücken über den Fluss Inn in der nahen Bezirkshauptstadt Schwaz zu finden sind.