Zillertal, Juni - Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 21/5

Zillertal, Juni – Oktober 2012, Ausgrabungsprotokoll 21/5

Der erste Ansatz einer christlich religiösen Kultnische erwies sich aufgrund der Altersbestimmung des Bauwerks, als auch der Radiocarbondatierung der metallurgischen Verbindungen der metallenen Querstreben an den kreuzartig ausgebildeten Cult-objecten des Imminger Tritychons als falsch. Die Datierung der metallurgischen Verbindungen wurde am Metallurgischen Institut der Montanuniversität in Leoben (Steiermark, Österreich) am 20. August 2012 durchgeführt und lässt sich mit einer Genauigkeit von +/- 30 Jahren am Schnittpunkt zwischen der Arteologischen Zeitepoche und der Hocharteologischen Zeitepoche festmachen.

cult_object_zeichnung_vorderansicht, zillertal 2012, dr. arkadasch, arteologieAlle drei kreuzartigen Cult-objecte bestehen aus Rundeisen mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 7,70 mm. Sie weisen eine polierte Oberfläche auf, die derart glatt präpariert wurde, dass stärkere Oxidationsspuren lediglich an den hammerverschweissten Nahtstellen aufgetreten sind. Die gesamte Länge der senkrecht aufragenden Standelemente beträgt, abzüglich der eingesenkten und mit Mörtel verklebten Fundamentierungsteile im Schnitt 110 bis etwa 112 mm. Die Anbringung der beiden Querstreben erfolgte im rechten Winkel, wobei es hier in der jeweiligen Strebenlänge unterschiedliche Gesamtausmasse zwischen 32,05 mm und 34,95 mm gibt, die aber nicht einer divergierenden Abmessung geschuldet, sondern vielmehr mechanisch durch die erfolgte Verschweissung bedingt sind. Gleichwohl lässt die Art dieser im Wesentlichen äusserst filigranen Verschweissungen in Hammerschlagtechnik auf eine hohe Kunst der entsprechenden Metallverarbeitung schlissen, wie sie in dieser Art und Weise bisher im Alpenraum nicht vorzufinden war. Die Metallurgin Dr. Elizabeth Burner, Leiterin des Technoarchäologischen Instituts des Britischen Museums kommt in ihrem Vergleich dieser Arbeiten mit den frühen Techniken der damaszenischen Messer- und Klingenerzeugung zur Schlussfolgerung, dass es sich bei diesen Arbeiten des Imminger Triptychons um zugekaufte Fremdleistungen aus dem Raum des Mittleren Ostens handeln muss, da sowohl die Schlagtechnik der Hammerführungen, als auch die mehrfache Überlappung der metallenen Schichten in der Verschweissung zu dieser Zeit lediglich von den Handwerkern der damaszener Werkstätten angewandt wurde. Die beim Imminger Triptychon verwendeten Metalle stammen zur Gänze aus dem Kitzbühler Raum. Somit ist belegt, dass diese Cult-objecte in der räumlichen Nähe des Fundortes, zumindest aber im Raum des heutigen Nordtirols erzeugt wurden, da eine reine Verbringung der Grundmaterialien über weite Strecken oder gar über das Mittelmeer und die anschliessende Rückführung von gefertigten Werkstücken zum Ursprungsort der Mineralerze nicht verifizierbar ist. Zwar wurde ein Warenaustausch über den gesamten europäischen Raum zu dieser Zeitepoche regelmässig vollzogen, jedoch beschränkte sich dieser Güteraustausch überwiegend auf Gewürze, Schmuck und entsprechend verarbeitete Luxusgüter und keinesfalls auf den Transport von reinen Rohstoffen der wirtschaftlichen Urproduktion, mit der Ausnahme von Salz und unbearbeitetem Bernstein, der nachweislich von der Ostsee bis nach Ägypten gehandelt wurde.

imminger triptychon, zillertal 2012, dr. arkadasch, arteologieDie metallurgische Bearbeitung der drei kreuzartigen Cult-objecte des Imminger Triptychons durch Handwerker aus dem Mittleren Osten stellt somit eine transitale Aneignung einer Dienstleistung dar, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen ein entsprechendes Entgelt im Auftrag der kultischen Eliten veranlasst wurde. Dies erscheint umso folgerichtiger, als die Handelswege über den Alpenhauptkamm für jede von Süden nach Norden und umgekehrt verlaufende Bewegungsrichtung eine zwingend vorgegebene Streckenführung darstellten, da weder der Seeweg noch andere Transportmöglichkeiten zur Verfügung standen. Dass es hierbei an einem Schnittpunkt von überregional bedeutsamen Handelswegen zu einem regelmässigen Austausch von Erfahrungen und handwerklichen Techniken kam, liegt einerseits in der lokalen Bedeutung der infrastrukturell perfekt ausgebauten Imminger Furt und andererseits an der merkantilen Ausrichtung der eingeborenen Bevölkerung Nordtirols, die seit Anbeginn aufgrund der wirtschaftlichen und klimatischen Gegebenheiten auf eine Duldung von durchreisenden Gruppen angewiesen war, sofern sie nicht bei Widerstand mit gewalttätigen Konsequenzen zu ihrem eigenen Nachteil konfrontiert wurde. Es spricht für die Assimilationsbereitschaft der indigenen Tiroler Bevölkerung, dass es ihr über all diese Zeitepochen hinweg gelungen ist, durch eine vordergründig willfährige Kooperationsbereitschaft ein Minimum an Eigenständigkeit und Identität zu wahren.