Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 14

Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 14

Mit den ersten relevanten Funden stellte sich auch die Wesentlichkeit der generellen Unterscheidung zu den Wissenschaften der Historie und Archäologie als grundlegendes Differenzierungsmerkmal innert dieser Wissensdisziplinen dar. Während die obgenannten Bereiche sich einer annomativen chronologischen Reihenfolge bedienen, die sich als basales Muster und Zeitraster über sämtliche Gegebenheiten und Forschungsergebnisse legt, gilt dieser Rahmen einer linearen Zeitabfolge nur äußerst bedingt im arteologischen Sinn. Die Zeit als strenge, gleichbleibende Abfolge von genau festgelegten Zeiteinheiten dient in einem rein historischen Kontext sicherlich hervorragend einer in sich stringenten Zuordenbarkeit; sie ist aber in arteologischer Hinsicht vollkommen nutzlos, ja, sogar unnotwendig und ergebnisreduktiv.

Im Gegensatz zur Historie und Archäologie ist es für den arteologischen Ansatz von grundlegender Bedeutung, die jeweiligen arteologischen Prozesse aus ihrem, dem eigenen Habitat verhafteten und in seinen Einflüssen auch im Nachhinein verortbaren Gesamtzusammenhang zu erforschen, zu bewahren und wissenschaftlich-arteologisch zu interpretieren. Dies bedingt eine Entlösung aus dem Gefüge eines historischen Zeitrahmens, da dieser in sich weder eine arteologische Entwicklung noch einen arteologischen Bestand als regionsspezifische Besonderheit zu definieren vermag, da die fundamentalen Parameter im arteologischen Bereich selbst zu finden sind und nicht von aussen oktroyiert werden können.

Dies zeigt sich schon in der primären Einteilung der arteologischen Zeittafel (chronological table of Arteology, vgl. „The Needs of Time“, University of Geneve, Urs Zeiger, Universitätsverlag Genf, 1976; ISBN 2-34-456782), welche einzig eine vordergründige Struktur einer nachfolgenden Zuordenbarkeit vorgeben kann und soll. Ziel ist immer die Herkünftigkeit der bestehenden Siedlungsgemeinschaften kontextual zum arteolgischen Geschehen zu konsualisieren und sowohl in ihrem äusseren als auch inneren Zusammenhang ihrer Sozietät in einen kausal begründbaren Abstammungskataster einzugliedern. Vereinfacht ausgedrückt, stellt sich die Arteologie der Frage „woher“ eine Habitatsgemeinschaft kommt, von welchen Wurzeln diese ableitbar ist und welche und wie viele exitale, insitale und transitale Beeinflussungen nachhaltig zum heutigen Status Quo geführt haben. Dass dabei die Kalenderwissenschaften ohne Bedeutung bleiben müssen, ergibt sich von selbst.

Die „Arteologische Zeittafel“ wird folgendermassen unterteilt:

1. Die prae-arteologische Zeit

Dieser Zeitraum ist gekennzeichnet von wenigen Fundstücken. Meist handelt es sich dabei um unbehauene Werksteine, Lagerstätten (mit Restbefundung) und/oder Feuerstellen. Die generellen Wanderbewegungen von Gruppen, Clans oder gar Kleinvölkerschaften lassen sich hierbei eher als theoretischen Ansatz arteologisch erfassen, denn als exakte Zuordnung von behavitativen, nachhaltigen Beeinflussungen.

2. Die arteologische Zeit

Der Fundreichtum dieses Zeitraumes reicht von Verknöcherungen, einzelnen Knochenfunden, vollständig erhaltenen Skeletten (sowohl im Säugetier-, als auch Vogelbereich) bis hin zu humanoiden Werkzeugen und Grabstätten.

3. Die hocharteologische Zeit

Generell wird die Verhüttungsfähigkeit von geschürften Eisenerzen – unabhängig von chronologischen Ansätzen der Historie – als Beginn der hocharteologischen Zeit gesehen. Werkzeuge, ja selbst vorindustrielle Mengenfertigungen sind typisch für diese Zeit und bilden zusammen mit Grabstätten (Balsamierungen, Mumifizierungen, Erd- und Feuerbestattungen) das Gros der sammelbaren arteologischen Artefakte.

4. Arteologisches Momentum

Die Zeit um/ab 1900 bis laufend fällt unter diese Bezeichnung und weist hier eine thematische Grundabgleichung mit der gegenwärtigen Geschichtsschreibung auf – wobei sich diese Übereinstimmung mit zunehmender Dauer, arteologisch bedingt, lösen muss.