Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 15

Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 15

Mit der fachlichen Verifizierung der arteologischen Funde und deren Präsentation in der Öffentlichkeit – wobei hier die regionale Bedeutung einer allgemeinen Verständlichkeit durch eine bewusste Verpopulärwissenschaftlichung für den direkten Grabungsverlauf vor Ort wesentlich bedeutungsvoller und nachhaltiger ist – geriet die Ausgrabung „Inntal“ in den Focus einer interessierten Öffentlichkeit. Das Team entschloss sich daher im Foyer des Verwaltungs-, Werkstatt-, Laboratoriums und  Wohnungskomplexes eine dauerhafte und laufend adaptierte Ausstellung von neuesten Funden (wobei es sich dabei selbstredend um Gipsabdrücke der originalen arteologischen Fundstücke handelte) zu präsentieren, welche von Interessierten während der Bürozeiten unentgeltlich besichtigt werden konnte. Im Laufe der ersten Wochen zeitigte der Stolz der eingeborenen politischen Verantwortlichen eine durchaus liebenswerte, wenn auch manchmal anstrengende Besonderheit: durch die breite mediale Berichterstattung, liessen es sich die lokalen Honoratioren nur ungern nehmen, selbst zu Abend- und Wochenendzeiten Gäste in diese Ausstellung zu führen und erwarteten zudem, dass sich die Mitglieder des Teams „Inntal“ – allen voran Dr. Arkadasch persönlich, dieser vermeintlichen Wissbegier stellten.

In diesen Tagen wurden zahlreiche weitere Funde getätigt, sodass sich nach einer eingehenden Analyse der bisherigen Fundverortung das Team dazu entschloss auch in den ANDPs (Area of normal degree of probability) mit Horizontalsondierungen im Parallelverschiebungsverfahren zu beginnen.

Bei diesen Funden handelt es sich zum überwiegenden Teilen entweder aus reinen Sekundärfunden, sprich Schürf- und Anwendungsspuren verschiedener, zum grösstenteil metallbewehrter Werkzeuge in unterschiedlichsten Sedimentschichten, oder aber um keramoide Reste, welche einerseits kleinhäuslich strukturierter Kulinarik eindeutig zuordenbar sind, oder aber für eine längerfristige, eventuell sogar winterfeste Proviantierung in Verwendung standen. Die spezielle arteologische Auswertung der Sekundärfunde gestaltete sich insofern mit einer nachhaltigen Schwierigkeit, da diese Fundgruppen von Schürf- und Anwendungsspuren einer laufenden Erodierung durch klimatische Einflüsse unterliegen. Zum einen bewirken die hydroaeroben Niederschläge eine Enthärtung der sedimentalen Basis, sodass es schon nach sehr kurzer Zeit zu Verrinnungen und Ausschwemmungen kommen kann, und andererseits wird durch die solare Lumifikation einer generellen Aussandung Vorschub geleistet, welche sich nur mit äusserst aufwendiger Technik, zumindest kurzweilig, hintanhalten lässt. Eine laufende pictorale Archivierung ist hiermit das Gebot der Stunde.

Ganz allgemein ist festzuhalten, dass vom reinen Zeitaufwand her, ab den ersten Fundungen, nicht mehr die reine Grabungszeit den grössten Anteil stellt, sondern mehr und mehr, je nach Gewichtung der einzelnen Funde, die Arbeit des Archivierens und der ersten chemischen Grundanalysen das Hauptaugenmerk auf sich zieht. Wirkliche Wissenschaft obliegt genauso dem Faktum des unaufhaltsamen Forscherdrangs wie dem monate-, ja oft jahrelangen Aufarbeiten dieser Forschungsergebnisse in den universitären Stuben hinterher. Erst die absolute Sorgfalt der primär vor Ort Forschenden schafft jene Grundlagen, die es im Nachhinein den Wissenschaftlern ermöglichen, jene Schlussfolgerungen zu ziehen, welche in sich ergebnisorientiert den praktischen Nutzen von Wissen, auch für nachfolgende Generationen, induzieren.