Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 17

Inntal, Juni – August 1982, Ausgrabungsprotokoll 17

Eine erste Sichtung des Materials durch Dr. Arkadasch Dag wurde mit Spannung erwartet. Im Gemeinschaftsraum des Grabungsteams wurden in der Mitte die Tische zusammen gerückt, mit Nylonbahnen und darüber mit weissen Leinentüchern abgedeckt, die Reservebaustrahler aus dem Depot geholt und mittels von Stativen zu einer arbeitstechnisch ausreichenden Rundumbeleuchtung installiert. Aus dem Labor brachten zwei Studierende in mehreren flachen Kisten gestapelt und in feinwolligen Tüchern eingeschlagen, sämtliche, aller Wahrscheinlichkeit nach, zu diesem Fund gehörigen Bruchstücke. Im Labor verblieben Reste von anhaftenden Erden und Sedimenten, sowie im Mikrobereich angesiedelte Materialabschabungen, um hier bereits mit gezielten Ansätzen arteologische Ergebnisse zeitigen zu können.

Sämtliche Teammitglieder hatten sich im Gemeinschaftsraum eingefunden, mit Atemschutzmasken, weissen Arbeitsmänteln, Einweghandschuhen und haubenartigen Kopfbedeckungen versehen, um so eine möglichst kontaminierungsfreie erste Zuordnung der Fundstücke zueinander zu gewährleisten.

Es handelt sich bei diesem Fund um insgesamt 46 Teile – wobei Dr. Arkadasch bereits nach einem gesamtansichtlichen Überblick sieben Teile als weder zum Fund gehörig, noch als arteologisch relevant auszuscheiden vermochte. Die Gegenanalyse durch das Labor, welche wenige Tage später in verschriftlichter Form zur Verfügung gestellt wurde, kam zum selben Ergebnis.

Somit verblieben zur ersten Sichtung des Fundes 39 verschiedene Teile. Zwei Teile davon wiesen eine Grösse in etwa einer DIN A5 Seite auf, während sich vier weitere Teile in einem etwas kleineren Format präsentierten. Interessant und letztendlich für die arteologisch-spezifische Einordnung von höchstem Wert entpuppte sich ein henkel- oder griffartiges Fundstück, welches Dr. Arkadasch im Laufe des Abends auf die richtige Spur brachte. Vier weitere, eher kleinformatige Scherbstücke liessen sich auf Grund ihren Oberflächenstruktur und ähnlichfarbigen Beschichtungstextur als eindeutig dem Fund zuordenbar definieren. Bei den restlichen Teilen handelte es sich zum überwiegenden Ausmass um fragmentale Splitterungen, welche nicht von vornherein zu hundert Prozent im Fundgesamtgefüge von relevanter Zugehörigkeit gekennzeichnet sein müssen.

Dr. Arkadasch befasste sich zuerst mit den zwei grössten Fundstücken. Es handelt sich dabei um scherbige, gerundete Teile, welche in sich einen Aussenradius von 4,825 cm tragen. Beide Teile weissen zudem je ein segmentales Ansatzbruchstück auf, welches Dr. Arkadasch eindeutig mit dem griff- oder henkelartigem Fundstück in Zusammenhang bringen konnte. Sowohl von der Oberflächentextur her, als auch den Kantungen der Brüche passen diese drei Teile, über die Ansatzbruchstücke definiert, in einer sich daraus  zwingend ergebenden, speziellen Formensprache zueinander. Einer der teile weist eine symbolhafte Anschriftung von alphabetalen und/oder mathematischen Zeichen auf: Dieses Symbol ist dreigegliedert: in der ersten, obersten Zeile stehen folgende drei Zeichen: 0 und 5 und l. Dies ergibt zusammengelesen: 05l. Die zweite Zeilenreihe besteht aus einem Strich, kann aber auch – und dies wird von vielen Wissenschaftlern so gesehen – als eine Art von Unterstreichung interpretiert werden. Darunter, in der dritten Zeile stehen wiederum 5 Zeichen, die in sich eine klare alphabetale Struktur aufweisen. Zwei der Zeichen wiederholen sich in dieser Fünfergruppe. Aneinandergereiht ist folgende alphabetale Darstellung erkennbar, die in ihrer gesamten Länge dem darüber angebrachten Symbolen der ersten Zeile entspricht, wobei die erste Zeile höhenmässig das 140 %ige Ausmass der dritten und letzten Zeile aufweist:

O5l

rastal

Durch diese Zusammenhänge gelang es Dr. Arkadasch in weniger als sechs Stunden, die grossen Teile in einen arteologischen Zusammenhang zu bringen und daraus eine erste Schlussfolgerung zu ziehen: Es handelte sich bei diesen Fundstücken um die Reste eines Kultgefässes, einer Kultschale.